Seit 44 Jahren stellt Maria Berger frühmorgens die Zeitung zu

Maria Berger ist eine von 700 Zeitungszustellern. Mit hohem Tempo sorgt sie dafür, dass die Zeitung fühmorgens pünktlich ankommt. Ihrem Bezirk ist die 69-Jährige all die Jahre treu geblieben.

Maria Berger
Foto: Christoph Kraft

Das Lauftempo von Maria Berger ist auch nach 44 Jahren unglaublich hoch. Schritt zu halten, ist gar nicht so leicht, für mich macht sie nach eigener Aussage sogar noch ein bisschen langsamer als sonst. Morgens um halb 4 Uhr beginnt sie die Tour an der Martin-Luther-Kirche und schiebt den beladenen Wagen durch die leeren Straßen im Süden Heilbronns. Normalerweise beginnt sie sogar um 2 Uhr.

Das Laufen hält sie fit: “Ich war in all den Jahren nie krank.” Dazu gefällt der 69-Jährigen, dass sie dabei Geld verdienen kann und den Rest des Tages frei hat. Und sie mag es, dass ihr kein Chef bei der Arbeit reinredet. Ihrem Bezirk ist Berger in der ganzen Zeit stets treu geblieben. Aktuell gibt es 922 Zeitungs- und 530 Briefbezirke. Berger ist eine von 700 Zeitungszustellern. Allein im Februar 2021 wurden täglich 67 500 Exemplare, darunter auch einige Fremdzeitungen, verteilt.

Angefangen hat sie mit dem Job, als ihr zweites Kind auf die Welt kam: “Ich wollte den Tag über für das Kind da sein.” Vor etwa drei Jahren kam zu ihrem Gebiet noch etwas mehr hinzu, als ein anderer Bezirk dem ihren zugeteilt wurde. 120 Zeitungen hat Berger bis spätestens 6 Uhr morgens in den Briefkästen unterzubringen. “Als ich angefangen habe, waren es um die 300”, erinnert sie sich. “Früher gab es noch den Stadtanzeiger. Der kam donnerstags noch dazu, da war mein Wagen echt vollgepackt. Deshalb hat mich mein Mann die letzten Jahre donnerstags begleitet.”

Ihren Zweit-Job hielt Maria Berger geheim

30 Jahre hat Maria Berger die Heilbronner Stimme vor der eigentlichen Arbeit zugestellt. “Dann hab ich geduscht, einen Kaffee getrunken und bin dann los zur Arbeit”. Weil die Sekretärin oft die erste im Büro war, wunderten sich die Kollegen. Ihnen hat sie nie von ihrem zweiten Job erzählt, denn ihr Mann habe gut verdient. Sie wollte nicht, dass über ihre finanzielle Situation getratscht wird. Deshalb besteht sie auf einem Pseudonym. Für sie war es ein Hobby, das sie auch nutzte, um ihrer eigenen Leidenschaft – dem Skifahren – nachgehen zu können.

Seit 2017 ist Maria Berger in Rente, ihr Mann ist kürzlich verstorben. Die Zeitung trägt sie weiterhin aus, auf der Strecke ist ihr noch nie etwas Schlimmes passiert. Ein Fuchs hat sie einmal eine Stunde begleitet, sei dann aber wieder verschwunden. Auch Igel sieht sie öfter und heute versteckt sich hinter einem Auto gerade ein Marder.

Am dramatischsten war es für sie, als ihr einmal ein US-Soldat auflauerte. Als sich Berger nicht mehr zu helfen wusste, klingelte sie bei der Bäckerei Nitsche. Der Bäcker, der morgens etwa um dieselbe Zeit wie die Zustellerin arbeitet, konnte die Polizei rufen, die den Soldaten festnahm. “In der kommenden Woche hatte ich dann einen Schäferhund als Begleitung”, sagt sie und lacht. Nach anderthalb Stunden ist die letzte Zeitung eingeworfen, sie sagt: “Wenn ich jetzt heimkomme, lese ich selber erstmal zwei Stunden die Heilbronner Stimme.”